Vor einigen Tagen hörte ich „Theater, Theater,
der Vorhang geht auf“, einen Schlager aus den 70-igern. Und sofort setzte er
sich als Ohrwurm bei mir fest und ich beobachtete mich, wie ich immer wieder
diese Melodie summte.
Doch dann gebar aus diesem Ohrwurm plötzlich die Idee für diesen Blogartikel.
Und schon sah ich mich in einem gemütlichen Sessel in Reihe 1 meines Theaters sitzen. Und vor mir sah ich den schweren dunkelroten Vorhang, der sich nun langsam öffnete und den Blick auf meine Lebensbühne freigab.
Ich war die einzige Schauspielerin und damit die Hauptakteurin. Und was für viele Rollen mein Repertoire umfasste!
Da war die Rolle der liebenden Partnerin, die
Rollen der Mutter und Großmutter, der Freundin, der Kollegin, der geduldig
Zuhörenden, der Zärtlichen, Verständnisvollen, der Helfenden, der strahlenden
Siegerin, der gerne (und manchmal ungefragt) Ratgebenden, der Perfekten, der Neidischen,
der Verurteilenden, der Ängstlichen und Panikmacherin, der Schwarzseherin…
Da waren Rollen, die ich liebte, in denen ich mein Herz öffnen konnte, Rollen,
die ich spielte, weil sie auf dem Spielplan standen, aber auch Rollen, die ich
hasste, die nicht mir und meinen Werten entsprachen.
Da sass ich nun und schaute mir mein
Lebenstheater an. Und begann nachzudenken.
Welche Rollen wollte ich mit mehr Inbrunst spielen, weil sie mich beseelten und
mir, meinen Werten und Bedürfnissen entsprachen. Und weil sie andere Menschen
berührten.
Und dann waren die Rollen, die ich dem Regisseur zurückgeben möchte, weil sie
mir nicht mehr entsprechen.
Ich wusste, dass das nicht einfach sein würde, weil mir dann viele Argumente
entgegen prallen werden, wie:
„Das kannst du doch nicht machen“, „Du hast doch immer so viel Applaus dafür
bekommen“, “Gerade diese Rolle passt so gut zu dem Spielplan!“, „Damit
verdienst du deinen Lebensunterhalt“, „Was sollen die Anderen sagen“
Natürlich trafen mich diese Argumente Und Ja, es ist schwer, sich von unliebsamen
Rollen zu verabschieden.
Aber hier, im schönen weichen Sessel in Reihe eins konnte ich mir meine Rollen
zum ersten Mal in aller Ruhe ansehen. Und da begann ich, nachzudenken und nachzuspüren.
Ein Prozess wurde angestoßen und er wird sicher noch lange meiner Achtsamkeit
bedürfen.
Mit einem leisen Gong schloss sich der Vorhang
meiner Lebenstheaterbühne und im Saal ging das Licht aus.
Ich sass in völliger Dunkelheit und in mir stieg die Frage auf:
„Was bleibt, wenn alles wegbricht?“
„Was bleibt, wenn das Theater geschlossen wird?“
Was bleibt, wenn mich der Regisseur kaum mehr besetzt?
Was bleibt, wenn die schönen Kostüme, das Scheinwerferlicht, der Applaus, die Bewunderer
und die Requisiten nicht mehr da sind?
Ja, was bleibt?
Eine schwierige Frage. Eine Frage, die nur jenseits meines Ego`s eine Antwort
finden kann. Denn für mein Ego BIN ich ja diese Rollen.
Und kann ich mich überhaupt noch selbst lieben, wenn mein Engagement bröckelt?
Fragen über Fragen, die mich im Moment umtreiben, und die ich als Anregung gerne an dich weiter geben möchte.
„Theater, Theater, der Vorhang geht auf!“
Kennst du
deinen Spielplan?
Kennst du deine Rollen?
Welche möchtest du gerne kündigen-
und warum?
Und was bleibt?
Gerne können wir uns auch auf unseren nächsten Seminaren über diese Fragen austauschen. Wir freuen uns darauf!
Von Herzen
Eure Christina